30.11.2010
Vortrag von Prof. Dr. Klaus K. Hilbert
"Von den wilden/ nacketen/ grimmigen Menschenfresser-Leuten im Lande Brasilien"
In Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg lud der Verein am 30.11.2010 um 19:00 Uhr in die Stabi (Schaezlerstr. 25, 86152 Augsburg) ein. Mehr als 60 interessierte Zuhörer namen an der gelungenen Veranstaltung teil. Bilder von der Veranstaltung finden Sie hier.
Das Werk: Hans Stadens 1557 in Marburg erschienenes Buch Warhaftige Historia und beschreibung eyner Landtschafft der Wilden Nacketen, Grimmigen Menschfresser-Leuthen in der Newenwelt America gelegen ist bis heute eines der wichtigsten Bücher der Brasilienforschung, Pflichtlektüre für alle Historiker Lateinamerikas und für Ethnologen. Nicht nur als Tatsachenbericht, auch literarisch ist das Buch ein Meisterwerk, das die Geschichte des Landsknechts Staden aus Homberg-Efze erzählt, der in die Gewalt eines menschenfressenden Indianerstammes geriet, bei dem er 9 Monate gefangen war. Mehrfach wurde er in dieser Zeit Zeuge der anthropophagen Rituale. Nur durch mehrere, teilweise ungeheuerliche Listen und am Ende nur durch eine Art Wunder gelingt es diesem hessischen Odysseus, dem Gefressenwerden zu entgehen. Mit neuzeitlich-kühlem Blick und enormem literarischen Talent schildert Staden seine Geschichte und die Bräuche und die Lebensweise der Indianer, einschließlich ihrer Anthropophagie. Ergänzt wird das Buch durch viele Holzschnitte, die später im großen, ebenfalls in der Stabi vorhandenen America-Werk de Brys in einmaliger künstlerischer Perfektion in Kupferstiche umgesetzt werden.
Prof. Dr. Klaus K. Hilbert ist einer der bedeutendsten brasilianischen Archäologen und lehrt am Institut für Geschichte der Pontificia Universidade Católica in Porto Alegre, Südbrasilien. Er ist Spezialist für die präkolumbianische Geschichte Südamerikas und derzeit Gastprofessor am Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg. In Augsburg ist er auch deshalb, weil er hier in der Staats- und Stadtbibliothek Zugang zu wichtigen Quellentexten aus den ersten Jahren der Entdeckung Südamerikas hat. Darunter extrem seltene Originalausgaben, von denen weltweit nur noch ganz wenige Exemplare existieren.