09. 07.2013
Dr. Philipp Gahn (Benediktbeuern):

Augsburger Gebetbücher und der Streit ums rechte Beten um 1800

Andachtsbücher sind nicht nur der Ausdruck einer persönlichen Frömmigkeit. Man kann sie auch als Indikatoren für den Grad der Intaktheit religiöser Ordnungen ansehen, um deren Erhalt oder Wandel sowohl geistig-geistliche als auch wirtschaftliche Interessen die gesamte Frühe Neuzeit hindurch wetteiferten. Konnten einzelne Gebetbuchtitel immer schon den Status von Best- und Longsellern erreichen, so fungierten in der Epoche um 1800 manche Bücher gar als Symbole einer bestimmten Geisteshaltung, die die einen feierten, die anderen scharf bekämpften.

Für eine Druckerstadt wie Augsburg bedeuteten Veränderungen dieser Zeit, die sich auch auf dem Gebiet der Frömmigkeit bemerkbar machten, einen Unruheherd. Schließlich verdankte sie einen großen Teil ihres Aufstiegs zu einer der ersten Adressen in Europa der Produktion und dem Vertrieb katholischer Erbauungsliteratur. Das engmaschige Netz von Autoren, Druckern/Verlegern und Käufern wirkte sich allerdings ab dem Zeitpunkt hemmend aus, als die überkommene Frömmigkeit mehr und mehr der Kritik ausgesetzt wurde und es galt, den gewandelten Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

Die in Augsburg zwar nicht gescheiterte, aber doch verunglückte Herausgabe des „Deutschen Breviers für Stiftsdamen" im Jahre 1791 ist ein eindrückliches Beispiel für den Niedergang eines zehn Jahre zuvor noch florierenden Systems.

Dr. Philipp Gahn leitet die Bibliothek der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Salesianer Don Boscos in Benediktbeuern. Seit seiner theologischen Dissertation über die Gebetbücher Johann Michael Sailers beschäftigt er sich mit dieser Gattung der Erbauungsliteratur. Vor allem die Frage nach ihrer kulturgeschichtlichen Einordnung steht für ihn dabei im Vordergrund.