28.10.2014
Vortrag von Moritz Kelber M.A. (Augsburg)

Musikkosmos Augsburger Reichstag – Musik und Politik im 16. Jahrhundert

Nicht immer war die Augsburger Bevölkerung im 16. Jahrhundert erfreut darüber, dass (schon wieder) ein Reichstag in ihrer Stadt tagen sollte. Reichstage waren nicht nur ein gesellschaftliches Ereignis mit gigantischen Ausmaßen, sie stellten auch eine enorme finanzielle Belastung dar. Oft waren über viele Monate mehrere tausend Gäste in der Stadt. Im Jahr 1530 – die Religionskonflikte schwelten nicht nur im Reich, sondern auch innerhalb der freien Reichsstädte – drohte die Ankunft des Kaisers sogar in einer Katastrophe zu enden. Ein Aufruhr stand kurz bevor.

Selten kam den politischen Symbolen, den Zeremonien und Ritualen des Reichs eine größere Bedeutung zu als in dieser gespannten Atmosphäre. Musik, ein integraler Bestandteil des Reichszeremoniells und des höfischen Lebens, gestaltete Politik. Das Forschungsprojekt zu der Musik bei den Augsburger Reichstagen des 16. Jahrhunderts beschäftigt sich mit der Wechselwirkung von Politik und Musik. Es untersucht die Rolle von Tonkunst und Klang im Rahmen von Ritualen wie Herrschereinzügen, Belehnungen und Huldigungen. Zum Frieden mahnende Motetten stehen dabei ebenso im Zentrum des Interesses wie die Rolle der schlachterprobten Hoftrompeter.

Der Vortrag »Musikkosmos Reichstag – Musik und Politik im 16. Jahrhundert« gibt einen Einblick in die Klangwelt eines Reichstags. Kaum ein anderes Ereignis der frühen Neuzeit brachte eine vergleichbare Zahl an Musikern und Musikinteressierten an einem Ort zusammen. Der Reichstag war eine der großen Bühnen des 16. Jahrhunderts.

Moritz Kelber studierte Musikwissenschaft, Politikwissenschaft und Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit 2011 arbeitet er an der Universität Augsburg bei Prof. Dr. Franz Körndle an einem Dissertationsprojekt zum Thema »Die Musik bei den Augsburger Reichstagen des 16. Jahrhunderts«. Neben seinen Forschungen zur Musik des 16. und 17. Jahrhunderts beschäftigt er sich mit den Themenfeldern Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftssoziologie. Von 2012 bis 2014 war er Sprecher der Fachgruppe Nachwuchsperspektiven in der Gesellschaft für Musikforschung.