14.07.2015
Vortrag von Dr. Martina Steber (Institut für Zeitgeschichte München-Berlin):

Ausgeliefert: Arthur Piechler und die nationalsozialistische Herrschaft in Augsburg

Als Organist, Chorleiter und Komponist bereicherte Arthur Piechler (1896–1974) das musikalische Leben Augsburgs von den 1920er bis in die 1950er Jahre. Er wirkte an der Basilika St. Ulrich und Afra und am Städtischen Konservatorium, dem er schließlich von 1945 bis 1955 als Direktor vorstand. Die Hoffnung auf eine strahlende berufliche Zukunft, die Augsburg dem Hochbegabten 1925 verheißen hatte, brach indes seit 1933 Stück für Stück zusammen.

Nach den Rassegesetzen der Nationalsozialisten galt der in der katholischen Welt verwurzelte Piechler als »Halbjude« und war zunehmender Diskriminierung und schließlich Verfolgung ausgesetzt. Da in den nationalsozialistischen Führungszirkeln über den Umgang mit den sogenannten »jüdischen Mischlingen« lange keine Einigkeit herrschte, blieb der Status der Betroffenen prekär. Sie waren dem Regime auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Dass dabei lokale Machtkonstellationen über Leben und Tod entscheiden konnten, wird am Beispiel Arthur Piechlers deutlich. Sein Überleben verdankte er letztlich dem nationalsozialistischen Oberbürgermeister Augsburgs, Josef Mayr. Warum das so war, zeigt Martina Stebers Vortrag und gewährt damit einen tiefen Einblick in die Funktionsweisen nationalsozialistischer Herrschaft in Augsburg.

Dr. Martina Steber ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Sie wurde 2007 an der Universität Augsburg promoviert, forschte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, am Deutschen Historischen Institut London und am Historischen Kolleg München. Sie ist Habilitandin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der deutschen und britischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.