26.07.2016
Vortrag von Prof. Dr. Sibylle Appuhn-Radtke (München)
Europäische Hochschulwerbung im Barock: Zum Erfolgsmodell „Augsburger Thesenblatt“
Schon im 17. und 18. Jahrhundert standen Hochschulen im Wettbewerb: Sie mussten die richtigen Menschen als Lehrer, Studenten oder Mäzene gewinnen und daneben Finanzierungsmittel einwerben.
Man tat dies, indem man die Qualität der Ausbildung durch erfolgreiche Absolventen demonstrierte: durch öffentliche Disputationsveranstaltungen mit Thesen aus dem Lehrstoff der Kurse, überwiegend der grundlegenden Philosophie. Die jeweils besten Graduierten, möglichst aus dem Adel, bewiesen dabei ihre rhetorische Brillanz. Angekündigt wurden solche Disputationen auf plakatartigen illustrierten Einblattdrucken, die (für den deutschsprachigen Raum) zentral in Augsburg gestochen und gedruckt wurden. Die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg besitzt die größte Sammlung solcher Blätter in Europa. Der Vortrag erläutert dieses System frühneuzeitlicher Werbung an Beispielen aus verschiedenen Universitäten, erläutert die Reichweite der Augsburger Graphiken und geht auf Mechanismen der Vermarktung ein. Gefragt wird nach den Gründen für die Hochschätzung dieser „Plakate“ und speziell nach dem Erfolg der Augsburger Produktion.
Prof. Dr. Sibylle Appuhn-Radtke ist Kunsthistorikerin, tätig am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München (Forschungsstelle Realienkunde). Sie wurde 1983 in Freiburg i.Br. mit einer Dissertation zu den Thesenblättern des Augsburger Kupferstechers Bartholomäus Kilian promoviert (erschienen Weißenhorn 1988). 1996 habilitierte sie sich an der Universität Erlangen-Nürnberg mit einer Schrift über die Konstanzer bzw. Mailänder Werkstatt des Malers Johann Christoph Storer – der ebenfalls Thesenblätter vorgezeichnet hat (erschienen Regensburg 2000). Seitdem hat sie mehrere Aufsätze und Artikel zum Thema verfasst, darunter den Artikel „Thesenblatt“ in der „Enzyklopädie der Neuzeit“ (2011).